Goldener Korkenzieher für Linkshänder, 60 v.Chr.

Von Bettina Wischhöfer
Landeskirchliches Archiv Kassel, Digitales Bildarchiv, Sammlung vasa sacra, Curiosa 1988 (Korkenzieher)
Landeskirchliches Archiv Kassel, Digitales Bildarchiv, Sammlung vasa sacra, Curiosa 1988 (Korkenzieher) |

Das ausgewählte Blatt gehört in die „Sammlung Vasa sacra“. Hier handelt es sich um Verzeichnisse von kirchlichem Kunstgut, das zu liturgischen Zwecken in Gottesdiensten eingesetzt wurde.  Der Bestand wurde 2000 vom Landeskirchlichen Archiv übernommen und anschließend digitalisiert. 39.500 Fotos inklusive Beschreibungen weisen in der Regel Altargeräte und Ausstattungsgegenstände der Kirchengemeinden und ihrer Kirchen aus. Im vorliegenden Fall hat eine Person von gehörigem Humor einen Korkenzieher nach allen Regeln der Kunst fotografiert und inventarisiert. Dieser soll ganz erstaunliche Eigenschaften haben: eine Spindel aus Gold, einen Griff aus Zedernholz, gefertigt 60 v. Chr., mit einer Inschrift „Made in Taiwan“ und für Linkshänder.

Phasen der Bestandsaufnahme von Vasa sacra in Kurhessen-Waldeck im 20. Jahrhundert

Qualitätsvolle Vasa sacra sind in den Bänden der „Bau- und Kunstdenkmäler in Hessen“ beschrieben, selten jedoch die gesamten Ausstattungen. In den Kriegsjahren 1943/44 sind vom damaligen Provinzialkonservator (heute würde man ihn Kulturgutschützer nennen) Bestandsaufnahmen betrieben worden, die sich vor allem auf Landkreise erstreckten, die noch nicht entsprechend dokumentiert waren. 1968 hat das Landeskirchenamt Kassel Kopien dieser Dokumentation erhalten. Diese wurden Ende 1968 an die jeweiligen Kirchengemeinden zusammen mit einem Fragebogen gesandt, in dem entweder der Bestand zu bestätigen war oder etwaige Verluste einzutragen waren. 1975/76 hat eine Bezirkskonservatorin im Auftrag des Landeskirchenamtes eine Bestandsüberprüfung vorgenommen, die sich auf den Vergleich der Bestandsaufnahme von 1943/44 beschränkte. Ihr Bericht führte die in der Zwischenzeit verlorenen Geräte auf (Angaben aus 8 von 27 Kirchenkreisen mit 272 Gemeinden). Hochgerechnet auf 993 Gemeinden insgesamt liegt der Verlust bei einer Größenordnung von 750 Geräten, davon u. a. 50 vergoldete Kelche, 30 Silberkelche und 40 Brottellern (Patenen) für das Abendmahl.

 

Zwischen 1985 und 1991 fand eine neue Bestandsaufnahme statt. Ursprünglich sollte die gesamte Dokumentation von ein oder zwei pensionierten Architekten der Bauberatung des Landeskirchenamtes ausgeführt werden. Letztlich haben dann die Kirchenkreisämter, also die mittleren Behörden, die Daten erhoben. So kam es trotz Koordinationsbemühungen zu Unterschieden in der Durchführung der Dokumentation. Die größten Abweichungen gab es dort, wo die jeweiligen Pfarrämter die Aufstellung vornahmen. Unsicherheiten gab es bei der Materialbestimmung und der Datierung. In diesen Zusammenhang gehört die Inventarisierung des Korkenziehers …  

Landeskirchliches Archiv Kassel, Digitales Bildarchiv, Sammlung vasa sacra, Lingelbach – Taufkanne 1726, erfasst 1986
Landeskirchliches Archiv Kassel, Digitales Bildarchiv, Sammlung vasa sacra, Lingelbach – Taufkanne 1726, erfasst 1986 |
Landeskirchliches Archiv Kassel, Digitales Bildarchiv, Sammlung vasa sacra, Lingelbach – Abendmahlskelch (Hausabendmahl), Abbildung mit Brotteller und Hostiendose, erfasst 1986
Landeskirchliches Archiv Kassel, Digitales Bildarchiv, Sammlung vasa sacra, Lingelbach – Abendmahlskelch (Hausabendmahl), Abbildung mit Brotteller und Hostiendose, erfasst 1986 |

 

Nachdem 1992 der Kirchenkreis Schmalkalden nachträglich erfasst worden war, kam man auf 8.731 Altargeräte (Abendmahl: Kelch, Kanne, Patene; Taufe: Schale, Kanne, sonstige Hostiendosen). Knapp 50 Prozent stammen aus der Zeit nach Einsetzen der Manufaktur- und Fabrikfertigung (ab Mitte 19. Jahrhundert) und sind im Wesentlichen als Gebrauchsgeschirr anzusehen. Die andere Hälfte ist aufgrund ihres Alters und des verwendeten Materials (Gold, Silber, Zinn, Messing) als kunstgeschichtlich relevant zu betrachten. Da erhebliche Zweifel an der qualitativen Aussagekraft der Erhebung von 1985 bis 1992 bestehen blieben, hat das Landeskirchenamt ab 1993 eine Kunsthistorikerin beauftragt, den Sprengel Hanau (die fünf südlichen Kirchkreise Kurhessen-Waldecks) professionell zu erfassen. Dies ist bis 2004 geschehen. Die übrigen Sprengel werden seither durch einen Kunsthistoriker des Landeskirchenamtes erschlossen, der Vasa sacra und bewegliches kirchliches Kunstgut inventarisiert.

Der Text stammt von Bettina Wischhöfer vom Landeskirchlichen Archiv Kassel. Wir bedanken uns herzlich für die Bereitstellung des Textes und die Geschichte zu diesem kuriosen Objekt.

 

Sie möchten weitere Vasa sacra entdecken? Hier entlang ...

Loading...