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Kreisuntersuchungsausschüsse (Bestand)
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Überlieferungsgeschichte
Zur Geschichte der Kreisuntersuchungsausschüsse
Durch die vom Staatskommissariat für das französisch besetzte Gebiet Württembergs und Hohenzollerns am 28. Mai 1946 erlassene Rechtsanordnung wurden zur Säuberung des öffentlichen, des kulturellen und des wirtschaftlichen Lebens von Personen, "die durch Förderung und Verbreitung nationalsozialistischer und militaristischer Lehren den Zusammenbruch des deutschen Volkes herbeigeführt haben", die Untersuchungs- und Säuberungsausschüsse geschaffen.
Die Untersuchungs- und Säuberungsausschüsse für die öffentliche Verwaltung bestanden in jedem Kreis aus je einem Vorsitzenden, einem Stellvertreter, fünf ständigen Beisitzern und 1 - 3 Vertretern der Beamtenkategorie, der der zu Überprüfende angehörte. Die politischen Parteien und die Gewerkschaften mussten durch je einen Beisitzer im Ausschuss vertreten sein. Die ständigen Mitglieder der Ausschüsse wurden vom Staatskommissar im Einvernehmen mit den politischen Parteien ernannt. Die Beamtenvertreter wurden durch die zuständige Landesdirektion bestellt.
Die Ausschüsse für die Säuberung der Wirtschaft wurden an der Stelle der Berufsvertreter mit Personen der freien Wirtschaft, bei den freien Berufen durch Vertreter dieser Berufsgruppe besetzt. Die Ernennung der Berufsvertreter erfolgte durch den Staatskommissar auf Vorschlag der Handels- oder Handwerkskammer und der Gewerkschaften oder der betreffenden Berufsorganisation.
Durchführung des Säuberungsverfahrens
Für die Überprüfung einer Person war der Untersuchungsausschuss zuständig, der die Aufsicht über den Wohnsitz oder mangels eines Wohnsitzes über den Aufenthaltsort oder Dienstort derselben bei Einleitung des Verfahrens ausübte. Über einen bereits Verstorbenen, der bei Nachlassangelegenheiten ebenfalls den Säuberungsbestimmungen unterlag, musste bei den Ausschüssen des letzten Wohnsitzes verhandelt werden. Bei abwesenden Personen in Kriegsgefangenschaft und dergleichen konnte ein Verfahren nur auf Anordnung des Staatskommissars eingeleitet werden.
Zu Beginn des Verfahrens hatte der Betroffene einen Fragebogen zu beantworten. Das Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss wurde durch eine Verfügung des Vorsitzenden eingeleitet, die dem Betroffenen schriftlich mitgeteilt wurde. Gleichzeitig wurde dem Betroffenen eine angemessene Frist zur Sammlung von entlastendem Material gesetzt. Der Untersuchungsausschuss hatte die gegebenen Tatsachen festzustellen und schriftlich niederzulegen. Diese Feststellungen samt den Akten wurden anschließend dem Säuberungsausschuss vorgelegt, der die entsprechenden Maßnahmen aufgrund der Feststellungen des Untersuchungsausschusses auszusprechen hatte. Nach dem Ausspruch des Säuberungsausschusses wurden die Akten dem Staatskommissar zugeleitet, der nach Anhören des politischen Beirats über die zu treffenden Maßnahmen entschied. Mit der Zustellung dieser Entscheidung an den Betroffenen wurden die angeordneten Vorbeugungs- und Sühnemaßnahmen wirksam.
Organisation und Arbeitsweise
Mit der weiteren Rechtsanordnung zur politischen Säuberung vom 25.04.1947 trat eine Änderung in Organisation und Arbeitsweise ein (Amtsblatt des Staatssekretariats für das französisch besetzte Gebiet Württembergs und Hohenzollerns vom 08.05.1947, Nr. 26).
Mit der Organisation der Durchführung der Rechtsanordnung wurden beauftragt:
1. Der Staatskommissar für die politische Säuberung
2. Der politische Beirat beim Staatskommissar
3. Die Spruchkammern
4. Die Untersuchungsausschüsse
Die bisherigen Säuberungsorgane stellten mit dem Inkrafttreten der neuen Rechtsanordnung ihre Tätigkeit ein. Die noch anhängigen Verfahren gingen auf die neuen Säuberungsorgane über.
Der Untersuchungsausschuss hatte auch nach der zweiten Rechtsanordnung zu untersuchen und die Tatsachen fest zustellen, die für die Einstufung in die Gruppen und für die Art und Höhe der Sühnemaßnahmen von Bedeutung waren sowie eine begründete Entscheidung für die Einstufung und die Sühnemaßnahmen vorzuschlagen. Die vom Untersuchungsausschuss angelegten Akten wurden anschließend an den Spruchhof weitergegeben.
Die Vorschläge wurden mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst, wobei die Stimme des Vorsitzenden oder seines Stellvertreters bei Stimmengleichheit den Ausschlag gab. Die Vorschläge wurden vom Vorsitzenden oder einem Beisitzer unterzeichnet. Die Verhandlungen fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Die neu gebildeten Kreisuntersuchungsausschüsse (Krua.) bestanden wie vorher aus je einer Abteilung für die Säuberung der Wirtschaft und der Verwaltung.
Jede Abteilung setzte sich zusammen aus:
1. Dem Vorsitzenden
2. Je einem Beisitzer der zugelassenen politischen Parteien, der Gewerkschaften
3. Zwei Beisitzern, die der Berufsgruppe des Betroffenen angehörten. Der eine gehörte zu den leitenden, der andere zu den nachgeordneten Personen.
Die Mitglieder des Kreisuntersuchungsausschusses wurden vom Staatssekretär ernannt, der Vorsitzende und dessen Stellvertreter vom Staatskommissar unmittelbar, die Beisitzer, die die politischen Parteien und die Gewerkschaften vertraten, auf Vorschlag der Parteien bzw. der Gewerkschaften. Die Beisitzer, die die Berufsgruppe vertraten, wurden von der betreffenden Berufsgruppe, andernfalls auf Vorschlag der zuständigen Landesbehörde oder bei deren Fehlen von der Landesdirektion des Innern, nach Konstituierung der Verfassung vom zuständigen Ministerium vorgeschlagen. Die Abberufung geschah durch den Staatskommissar nach Anhören der vorschlagenden Behörde. Der Vorsitzende und sein Stellvertreter sollten die Befähigung zum Richteramt besitzen.
Die Mitglieder der Ausschüsse und der Spruchkammern unterlagen nur dem Gesetz und waren in der Ausübung des Amts unabhängig. Der Staatskommissar setzte im Einvernehmen mit dem Direktorium bzw. später mit dem Staatspräsidenten die Verfügung der nicht im Beamtenverhältnis stehenden Mitglieder fest. Beamte erhielten ihr bisheriges Gehalt weiter.
Am 31.03.1949 stellten die bisherigen Kreisuntersuchungsausschüsse mit Ausnahme desjenigen des Kreises Lindau ihre Tätigkeit ein. Ab 01.04.1949 bestanden nur noch Abwicklungsstellen, und zwar:
In Ravensburg: Für die Kreise Ravensburg, Tettnang und Wangen
In Ehingen: Für die Kreise Ehingen, Biberach und Saulgau
In Rottweil: Für die Kreise Rottweil, Balingen und Tuttlingen
In Calw: Für die Kreise Calw und Freudenstadt
In Tübingen: Für die Kreise Tübingen, Horb, Münsingen und Reutlingen
In Sigmaringen: Für den Kreis Sigmaringen und Hechingen (?)
Ablieferung der Akten
Laut Anordnung des Staatskommissars vom 18.03.1949 waren die Akten dem Staatsarchiv Sigmaringen zu übergeben. Die Akten wurden teils von den Kreisuntersuchungsausschüssen direkt als Postsendung, teils in Sammeltransporten des Staatskommissariats für die politische Säuberung mittels Lastkraftwagen eingeliefert (Acc. 1949/3, 1949/4, 1949/6, 1949/7, 1949/8 und 1949/13).
Die Akten wurden Ende Mai 1949 beim Staatsarchiv Sigmaringen nach dem Ablieferungsverzeichnis repertorisiert und als Bestand "Kreisuntersuchungsausschüsse für die politische Säuberung Land Württemberg-Hohenzollern" aufgestellt. Nachfolgende Lieferungen von Akten wurden in den Bestand eingeordnet. Die nach dem Ablieferungsverzeichnis fehlenden Akten wurden beim Staatskommissariat mit Schreiben vom 11.05.1949 Tagebuch Nr. 246 reklamiert. Laut Anordnung des Staatskommissariats waren diese Akten von der Abgabeliste zu streichen.
Die beim Staatsarchiv magazinierten Akten warn nach Kreisen in Bündeln aufgestellt, die mit den Kreiszahlen versehen waren. Die Kreiszahlen entsprechen der alphabetischen Reihenfolge der Kreise des heutigen Regierungsbezirks Südwürttemberg-Hohenzollern von Balingen bis Wangen im Allgäu. Als 18. Kreis war der bayerische Kreis Lindau dem Staatskommissar in Tübingen unterstellt, von dem aber keine Akten in diesem Bestand vorhanden sind (nur bei den Spruchkammern).
Nach Anordnung des Staatskommissars sollte jedem Büschel oben ein Verzeichnis von Registernummern der im Paket enthaltenen Akten eingeschnürt werden. Den Namensverzeichnissen der Betroffenen, die keine Registernummern führen, sollte ein alphabetisches Verzeichnis beigegeben sein. Bei der Übernahme der Akten durch das Staatsarchiv hat eine Überprüfung auf das Vorhandensein solcher Verzeichnisse nicht stattgefunden. Selbst bei der Repertorisierung begnügte man sich mit den im Ablieferungsverzeichnis angegebenen Aktentiteln, ohne den Inhalt danach zu untersuchen. Obwohl dem Staatskommissar Mayer sehr viel an einer einheitlichen Aktenführung bei den ihm unterstellten Kreisuntersuchungsausschüssen und Spruchkammern lag und er sich selbst über die Unterbringung der Akten im Staatsarchiv persönlich überzeugte, war auch ihm die Unordnung in den Paketen entgangen.
Hinweise zur Ordnung des Bestandes
Da die Karteien der Kreisuntersuchungsausschüsse jetzt für die Beantwortung wichtiger Anfragen staatlicher Dienststellen benötigt wurden, mussten sie durchgeordnet werden. Die Karteien der Kreise Balingen, Biberach, Calw, Freudenstadt, Ravensburg, Rottweil, Reutlingen, Saulgau, Tübingen und Wangen scheinen vollständig zu sein, unvollständig dagegen die der Kreise Ehingen, Hechingen, Münsingen, Tuttlingen, Tettnang; von den Kreisen Horb und Sigmaringen fehlen sowohl die Karteien als auch die Fragebogen. Für die Benutzung der Karteien sind die auf dem Karteibeiblatt vermerkten Signaturen und der Hinweis auf freie Wirtschaft oder öffentliche Verwaltung von großer Bedeutung, da der gesamte Aktenbestand nach diesen Gesichtspunkten gegliedert werden musste und es gewöhnlich bei jedem Kreisuntersuchungsausschuss je eine Kartei gab, die entweder schon von dem Kreisuntersuchungsausschuss selbst oder im Staatsarchiv zu einer Kartei zusammengeordnet wurde.
Einen besonderen Fall stellt die Kartei des Kreisuntersuchungsausschusses Biberach dar, die ursprünglich aus sieben Teilkarteien bestand. Sie erschließt zwar den gesamten Aktenbestand, aber es müssen nachstehende "Kleinigkeiten" beachtet werden:
1. Karteikarten mit einer Zahl + Kleinbuchstabe a - c erfassen die Säuberungsfälle nach der 1. Rechtsanordnung, deren Fragebogen unter den laufenden Nummern 34 - 37 liegen.
2. Karteikarten mit den Nummern 1 - 2331 rot befinden sich in den laufenden Nummern 38 - 45 (freie Wirtschaft bis 1947).
3. Karteikarten mit den Signaturen 2 S 1/1946 - 720/1949 sind Fälle der freien Wirtschaft ab 1948 in den laufenden Nummern 56 - 66.
4. Karteikarten ohne Nummern erfassen die öffentliche Verwaltung und die Fragebogen (alphabetisch angelegt) in den laufenden Nummern 46 - 55.
5. Die EVS-Fälle werden von den Karteikarten mit den Nummern 5001 - 5244 erfasst, deren Fragebogen liegen in der laufenden Nummer 68.
6. Karteikarten mit der Aufschrift "Ordner" erfassen die Unbedenklichkeitsbescheinigungen aus der laufenden Nummer 67.
7. Quer beschriebene Karteikarten ohne Signaturen erfassen die Sühnemaßnahmen in der laufenden Nummer 72.
Die vom Staatsarchiv neu aufgenommenen Karteiblätter enthalten neben der Kreiszahl auch die Nummer des Faszikels, in dem sich das Schreiben befindet, nach dem die Karte ausgefüllt wurde.
Die Gliederung des vorliegenden Repertoriums wurde nach den Kreiszahlen vorgenommen. Zur leichteren Auffindung der Akten etwa nach einem alten Registraturplan oder nach einem Ablieferungsverzeichnis wurden die alten Signaturen in das neue Repertorium übernommen. Der Bestand umfasst ca. 37 laufende Meter und 732 laufende Nummern. Er wurde vom Regierungsoberinspektor Kungl unter Mithilfe des Angestellten Hahn aus den Ordnern umgebettet und verzeichnet.
Sigmaringen, im März 1967
Kungl
Berichtigende Ergänzung zum Vorwort
Die Geschichte der Kreisuntersuchungsausschüsse beginnt nicht - wie aus der Einleitung hervorgeht - mit dem Erlass der Rechtsanordnung zur politischen Säuberung vom 28.05.1946.
Aufgrund eines Erlasses der Militärregierung vom 19.10.1945, ausgeführt durch den Runderlass der Landesdirektion des Inneren vom 31.10.1945 (Nr. I T 105), mussten in allen 17 südwürttembergischen Kreisen schon Ende 1945 Kreisuntersuchungsausschüsse gebildet werden, die den Auftrag hatten, die Verwaltung politisch zu überprüfen. Ein ähnlicher Erlass für die freie Wirtschaft erging am 03.12.1945 durch die regionale Militärregierung.
Dieses Repertorium umfasst daher auch Bestände, die in dieser "ersten Phase" der Entnazifizierung, Oktober 1945 - Mai 1946, anfielen.
(die vorstehende Berichtigung machte Herr Henke, M.A., München)
Adam
Inhalt und Bewertung
Enthält:
Geschäftsorganisation, Sitzungsprotokolle, Korrespondenzen mit dem Staatskommissar und Betroffenen, Namenskartei der Säuberungsfälle, Fragebögen und Sühnevorschläge (Landkreise Horb und Sigmaringen fehlen), Urteile, Unbedenklichkeitsbescheinigungen, Säuberungsregister, Vermögensbeschlagnahme, Überprüfung der Elektrizitätsversorgung Schwaben, Statistik, Wochen- und Monatsberichte der Kreisuntersuchungsausschüsse und Bürgermeisterämter, Meldungen über zurückgekehrte Kriegsgefangene und Mitglieder der NSDAP, Oberbürgermeister Kalbfell in Reutlingen, Regierungspräsident Dreher in Sigmaringen.
738 Akten; Karteien (47,3 lfd.m)
Bestand
Klaus-Dietmar Henke: Politische Säuberung unter französischer Besatzung. Die Entnazifizierung in Württemberg-Hohenzollern. 1981 (Schriftenreihe der Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 42)